Lüften schützt vor infektiösen Aerosolen. Doch viele Ärztinnen und Ärzte fragen sich, wie der ständige Luftaustausch im Winter in der Arztpraxis funktionieren soll. Können UV-C-Licht-Filter eine Lösung sein?

Alltagsmaske. Hygiene. Abstandhalten. Und jetzt auch noch Lüften. Im Kampf gegen die Verbreitung des neuartigen Coronavirus verlagert sich der Schwerpunkt immer mehr auf die Vermeidung von Aerosolen – insbesondere bei sogenannten Superspreading-Events. Doch während es im Sommer noch vergleichsweise simpel war, für ausreichend Luftaustausch zu sorgen, macht der Winter das ständige Stoßlüften zur Tortur. Wer sich nicht anstecken will, so scheint es, muss in der dunklen Jahreszeit entweder frieren oder zum Fenster hinausheizen. Oder nicht?

Lass die Sonne in die Luft

Wenn man den Herstellern von UV-C-Desinfektionssystemen glaubt, ist die Lösung des Problems längst verfügbar. Seit Langem setzen Krankenhäuser, aber auch die Lebensmittelindustrie UV-C-Strahlung ein, um die Luft von Keimen aller Art zu befreien. Das macht die Hersteller zu den wirtschaftlichen Nutznießern der Pandemie: Weltmarktführer Signify hat die Produktion von UV-C-Lampen seit Beginn der Krise verachtfacht. Doch sind die Systeme wirklich eine einfache Lösung für jedermann?

Beim Umweltbundesamt (UBA) gibt man sich eher zurückhaltend. Zumindest sei der Einsatz von UV-C-Licht-Filtern in Räumen, in denen sich zeitgleich Menschen aufhalten, mit großer Vorsicht zu genießen. Im schlimmsten Fall könnten die Lampen Hautkrebs oder schwere Augenschäden verursachen.

Auch Pablo Theux, Raumlufttechnik-Experte und Geschäftsführer der KMLS-Gruppe für Gebäudetechnik, warnt, dass UV-C-Licht-Filter bei laienhafter Anwendung nicht nur unwirksam, sondern sogar gefährlich für den Menschen sein könne. „Nur mit der richtigen Dimensionierung der Anlage und der damit einhergehenden Dosis der UV-C-Bestrahlung sowie dem Einsatz richtiger Filter lassen sich bis zu 99 Prozent der Keime und Erreger deaktivieren“, so der Fachmann.

Unzureichende Studienlage

Doch fällt SARS-CoV-2 auch unter diese 99 Prozent? Heinz-Jörn Moriske vom UBA hält die Studienlage diesbezüglich für unzureichend. Zwar hat Signify vor Kurzem zusammen mit der Universität Boston nachgewiesen, dass UV-C-Strahlung auch SARS-CoV-2 innerhalb von Sekunden auf Oberflächen abtötet. Ob dies auch bei der Luftdesinfektion durch UV-C-Licht-Filter gelingt, ist hingegen noch nicht belegt. Es ist auch schwierig, im Labor aussagekräftige Daten zu generieren. Denn je nachdem, wie groß der Raum ist, wie häufig die Luft an den UV-C-Lampen vorbeiströmt und wie intensiv die Strahlung der jeweiligen Lampe ist, variieren die Effekte extrem.

Lüften bleibt ein Muss

UBA-Experte Moriske betont denn auch, dass der Einsatz von Luftreinigungsgeräten mit UV-C-Lampen oder sonstigen Filtern nur eine ergänzende Maßnahme zum klassischen Lüften sein kann. „Eine möglichst hohe Frischluftzufuhr ist eine der wirksamsten Methoden, potenziell virushaltige Aerosole aus Innenräumen zu entfernen“, heißt es demnach auch in einer Stellungnahme der Kommission Innenraumlufthygiene am UBA.

So ganz ohne Frösteln werden Praxisinhaber, ihre Mitarbeiter und Patienten daher wohl doch nicht durch den Corona-Winter kommen.