Bei Verdacht auf Abhängigkeit sollten die Einnahmegewohnheiten genau erhoben werden, d.h. die verwendete Substanz sowie Dosis und Dauer der Anwendung.

Bei Verdacht auf Abhängigkeit sollten die Einnahmegewohnheiten genau erhoben werden, d.h. die verwendete Substanz sowie Dosis und Dauer der Anwendung. © iStock/Darwin Brandis 

Eine Patientin nimmt seit Jahren Benzodiazepine. Da kann man nichts machen? Doch. Mit der richtigen Strategie gelingt in den meisten Fällen ein Absetzen. Als Hausarzt hat man besonders gute Chancen, diesen Erfolg zu erzielen.

Hinsichtlich des Auftretens einer Abhängigkeit unterscheiden sich die zur Verfügung stehenden Benzodiazepine nur graduell. Bei den sog. Z-Substanzen scheint ebenfalls ein Risiko vorhanden zu sein, wenn auch in geringerem Ausmaß, heißt es in der neuen S3-Leitlinie „Medikamentenbezogene Störungen“ von DGPPN und DG-Sucht*. Als Prädiktoren für einen riskanten Langzeitgebrauch von Tranquilizern und Hypnotika gelten u.a. höheres Alter (> 65 Jahre) sowie, insb. bei Frauen, eine begleitende psychische und/oder chronische Erkrankung. 

Bei der Verordnung von Benzo­diazepinen oder Z-Substanzen ist die 5-K-Regel hilfreich: 

  • Benzodiazepine und Z-Substanzen nur bei klarer Indikation verordnen 
  • kleinste wirksame Dosis wählen 
  • Anwendung auf den kürzestmöglichen Zeitraum beschränken 
  • kein abruptes Absetzen und 
  • Kontraindikationen beachten 

Bei Verdacht auf Abhängigkeit sollten die Einnahmegewohnheiten genau erhoben werden, d.h. die verwendete Substanz sowie Dosis und Dauer der Anwendung. Auch psychische und somatische Begleiterkrankungen einschließlich epileptischer Anfälle und kognitiver Einschränkungen lohnt es sich, zu erfassen. Außerdem ist zwischen einer Hoch- und Niedrig-Dosis-Abhängigkeit zu unterscheiden. Bei Letzterer bleibt der Konsum meist langfris­tig konstant. Es kommt weder zur Toleranz­entwicklung noch zu Kontrollverlust, sehr wohl aber zu unangenehmen Symptomen beim Absetzen. Patienten mit riskantem oder schädlichem Konsum sollten Benzodiazepine künftig nicht mehr oder nur noch kurzfristig einnehmen. Bei einer Abhängigkeit wird eine dauerhafte Abstinenz angestrebt

In der Therapie von schädlichem Konsum und Abhängigkeit nimmt der Hausarzt eine Schlüsselrolle ein, weil der Patient ihn kennt und ihm vertraut. Im Verdachtsfall kann man mit der Aufklärung über die Risiken einer längerfristigen Einnahme und die Vorteile einer Abstinenz bereits viel erreichen. Motivierend wirkt die Information, dass Dosisreduktion und Absetzen meist gelingen, zumindest, wenn keine gravierende psychische Begleiterkrankung vorliegt. 

Wegen des Risikos für schwere Entzugssymptome (z.B. Delir) sollte die Einnahme von Benzodiazepinen und Z-Substanzen nicht abrupt beendet werden. Stattdessen empfiehlt sich vor allem nach längerer Einnahme ein langsames Ausschleichen – gegen Ende in kleineren Schritten als am Anfang und am bes­ten mit einem individuellen Absetzplan. Zwischen den einzelnen Reduktionen sollten jeweils ein paar Tage mit stabiler Dosis liegen. 

Bei älteren Patienten bzw. Leber- und Niereninsuffizienz verringert das Abdosieren mit kurz- oder mittellang wirksamen Benzodiazepinen die Kumulationsgefahr. Je nach Konstellation kann ein Entzug bis zu einem halben Jahr dauern – in Einzelfällen sogar länger. Eine empathische Begleitung durch den Hausarzt eventuell in Kombination mit kognitiver Verhaltenstherapie hilft den Patienten, diese anstrengende Phase durchzuhalten. Auch eine medikamentöse Unterstützung z.B. mit nicht-abhängigkeitserzeugenden Anxiolytika ist möglich. 

Gegebenenfalls stationären Entzug erwägen 

Gegen Schlafstörungen helfen ggf. Antidepressiva wie Trazodon, Doxepin und Mirtazepin. Wenn Komplikationen drohen oder das Therapieziel ambulant nicht erreicht wird, sollte ein stationärer Entzug angeboten werden. Abhängigen Patienten erleichtert eine gezielte Rehabilitation im Anschluss an den Entzug das langfristige Aufrechterhalten der Abstinenz. Autor: Dr. Dorothea Ranft. Quelle: S3-Leitlinie „Medikamentenbezogene Störungen“, AWMF-Register-Nr. 038-025 *Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde und Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie.