„Beim Sport, beim Einkaufen oder im Haushalt umgeknickt“, so heißt es oft in der Anamnese, wenn Patienten mit geschwollenem und schmerzendem Fußgelenk zum Arzt kommen. Distorsionen des oberen Sprunggelenkes (OSG) zählen zu den häufigsten Sportverletzungen. Zwei Experten geben einen Überblick über das aktuelle Management.

 

Bei Sprunggelenkverletzungen dominiert die laterale Verdrehung mit Beteiligung der Außenbänder, schreiben Ryan McGovern vom Department of Physical Therapy der Rangos School of Health in Pittsburgh und sein Kollege. Diese Traumata kommen sehr häufig vor, und man geht von einer hohen Dunkelziffer aus, da nur etwa die Hälfte der Betroffenen ärztliche Hilfe sucht.

Zu den Risikofaktoren für diese Distorsionen gehören bereits erlittene Außenbandverletzungen, Verzicht auf prophylaktischen Gelenkschutz, mangelhaftes Aufwärmen vor dem Sport und abnorme Dorsalflexion. Der klassische Pathomechanismus für das laterale Trauma ist die Vorfußadduktion bei Rückfußinversion, gepaart mit tibialer Außenrotation, während sich das Gelenk in Plantarflexion befindet.

Auf Einblutung, Schwellung 
und Druckdolenz achten

Mit etwa 70 % führen dabei isolierte Risse des anterioren talofibularen Bandes (ATFL), das als schwächstes Glied in der Kette der Außenbänder gilt. Das posteriore talofibulare Ligament dagegen hält das meiste aus, das calcaneofibulare (CFL) liegt kräftemäßig dazwischen. Differenzialdiagnostisch muss man bei Supinationstraumata an Frakturen, distale Syndesmosenschäden, Cuboidsyndrom oder osteochondrale Läsionen denken. Für die Indikation zum Röntgen gibt es klar definierte Kriterien (s. Kasten).

Klinisch achtet man auf EinblutungenSchwellung, Druckdolenz, Bandstabilität, Bewegungsausmaß, Kraft und allgemeinen Schmerz. Bei der Untersuchung der Bänder helfen zwei einfache Tests: die Prüfung der vorderen talofibularen Schublade und der Test zur lateralen Aufklappbarkeit des Talus. Je nach den Befund unterscheiden die Experten drei Schweregrade:

  • Grad I: kein Funktionsverlust, Bänder stabil (Schublade und Aufklapptest negativ), kein oder geringes Hämatom, keine Druckdolenz, Beweglichkeit um ≤ 5° eingeschränkt, Schwellung ≤ 0,5 cm.
  • Grad II: Funktion etwas beeinträchtigt, Schublade positiv (Hinweis auf Beteiligung des ATFL), Aufklapptest negativ, Einblutung, Druckschmerzhaftigkeit, Gelenkbewegung > 5°, aber < 10° eingeschränkt, Schwellung größer als 0,5, aber weniger als 2 cm.
  • Grad III: beinahe völliger Funktionsverlust, beide Bändertests positiv, Blutung, extremer Druckschmerz, Beweglichkeit mehr als 10° eingeschränkt, Schwellung größer als 2,0 cm.

Fast immer lassen sich Verletzungen aller drei Schweregrade konservativ behandeln. Nach kurzer Immobilisierung und initialer Kühlung sollten die Patienten rasch mithilfe einer Schiene wieder voll belasten. Die Heilung lässt sich durch manuelle Therapie effizient unterstützen. Übungen, die Hüfte und Rumpf stärken, können dazu beitragen, das Risiko eines erneuten Traumas zu senken.

Nur wenn sich die Beschwerden durch all diese Maßnahmen nicht bessern lassen, kommt eine Operationinfrage. Was erweiterte konservative Interventionen angeht, beschäftigt sich die Forschung derzeit mit dem Training der oberen posturalen Kontrolle, der Positionierung der Fibula und dem Nadeln (Dry Needling) von Triggerpunkten.