Der Einfluss des Fersensporns wird meist überbewertet.
Um eine schmerzende Achillessehne zu beruhigen, braucht man mitunter ein multimodales Konzept.
Die 34 Jahre alte Hobbyläuferin quält sich seit vier Wochen mit Schmerzen an der Ferse herum. An Sport ist nicht zu denken, Diclofenac hilft nicht besonders gut. Und morgens die ersten Schritten sind besonders schlimm.
Klinisch findet sich ein Druckschmerz plantar an der Ferse und an der kurzen Achillessehne, im Röntgenbild sieht man eine kleine knöcherne Ausziehung. „Ihre Diagnose bitte“, forderte Dr. Dr. Michael Gabel, Facharzt für Orthopädie/Rheumatologie, Sektionsleiter Fuß- und Sprunggelenk am Diakonie-Klinikum Stuttgart sein Auditorium auf.
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Möglicherweise ist der Fersensporn Ursache der Beschwerden, vermutete ein Kollege. Vielleicht spielt auch eine Überlastung in Kombination mit falschem Schuhwerk eine Rolle, meinte ein zweiter. Ein radiologisch sichtbarer Sporn wird meist überinterpretiert, erklärte Dr. Gabel: „Ich sehe diese typischen Op.-Narben bei Patienten, denen der Eingriff nichts gebracht hat – oft sind die Beschwerden danach noch hartnäckiger.“ Dass der Sporn mit den Schmerzen oft nichts zu tun hat, müsse man den Patienten erklären und sie von der Fixierung auf die chirurgische Therapie abbringen.
Verkürzte Wadenmuskeln oft Grund für den Schmerz
Wie beim Tennisellenbogen resultieren Fersenschmerzen häufig aus Überlastung. Viele Läufer mit Achillessehnenproblemen haben eine verkürzte Wadenmuskulatur durch unzureichendes Dehnen. Dies stellt man fest, indem man bei gestrecktem Bein den Fuß nach dorsal flektiert: Der Silver-Test ist positiv, wenn dies nur bis 90 Grad gelingt, während bei gebeugtem Knie eine weitere Flektion möglich ist. Die Therapie besteht u.a. in regelmäßigen Dehnungsübungen, die der Patient in Eigenregie durchführt (s. Kasten oben).
Wenn sich die Wadenmuskulatur trotz fleißigen Übens nicht verlängert, kommt letztlich auch eine Operation in Betracht. Wird in solchen Fällen der M. gastrocnemius unterhalb des Kniegelenks eingekerbt, lassen die Schmerzen rasch nach.
Fersenkeil höchstens kurzfristig einlegen
„Was halten Sie von der Weichbettung?“, wollte ein Kollege aus dem Auditorium wissen. Eine Aussparung in der Sohle (1–2 cm längsoval) muss sehr genau da sitzen, wo der Schmerz ist, so die Antwort, „sonst tut es noch mehr weh und der Patient läuft auf der Fußkante.“ Den beliebten Fersenkeil sollten Betroffene nur kurzfristig zur Entlastung in den Schuh legen, „sonst wird die Wade nur noch kürzer.“
Für Stoßwellen ist die Evidenz nur mäßig, evtl. lohnt ein Versuch im multimodalen Konzept. In der Praxis werden häufig NSAR verordnet, die der Patient aber wegen Magenproblemen weglässt. Man rezeptiert Einlagen, die aber erst zwei Wochen später fertig sind, und bis zum Erfolg von Krankengymnastik vergeht auch Zeit. Dr. Gabel plädiert deshalb dafür, gleich intensiv mit verschiedenen Bausteinen zu behandeln. Injektionen gegenüber ist er eher zurückhaltend, da diese die Reizung verschlimmern können.
Last but not least lohnt auch der Versuch mit einer Nachtschiene: Da man in einer Art Spitzfußstellung schläft, ist morgens die Sehne noch stärker verkürzt, was die Achillodynie verstärkt. Schlafschienen fixieren den Fuß nachts in einer Dehnungsstellung.